Erklärung deutscher Unternehmen zum 8. Mai
Heute vor 80 Jahren, am 8. Mai 1945, endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Dieser Tag ist ein Tag des Gedenkens an all die Menschen, die verfolgt und ermordet wurden, an die Verbrechen und Zerstörungen, an die weltweit mehr als 60 Millionen Toten.
Heute ist auch ein Tag, an dem wir uns fragen müssen, wie es dazu kommen konnte. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 wäre ohne das Versagen der damaligen Entscheidungsträger in Politik, Militär, Justiz und Wirtschaft nicht denkbar gewesen. Deutsche Unternehmen trugen dazu bei, die Herrschaft der Nationalsozialisten zu festigen. Auf ihren eigenen Vorteil bedacht, waren viele Unternehmen und ihre damaligen Akteure verstrickt.
Heute übernehmen wir als deutsche Unternehmen Verantwortung, die Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit sichtbar zu machen. Denn diese Verbrechen mahnen uns, die Zerbrechlichkeit der Demokratie immer wieder zu erkennen. Gemeinsam treten wir ein gegen Hass, gegen Ausgrenzung und gegen Antisemitismus. Einen Schlussstrich darf und wird es mit uns nicht geben.
Der Sieg der Alliierten über die Nationalsozialisten hat einem ganzen Kontinent, der ganzen Welt Hoffnung gegeben. Der mit dem Ende des Kalten Krieges erreichte europäische Zusammenhalt, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit sind Errungenschaften, die wir gemeinsam schützen müssen. Demokratie lebt vom Mitmachen – und vom Widerspruch. Sie braucht Haltung und Mut. 1933 und danach waren zu viele still, haben weggesehen und geschwiegen. Daraus erwächst unsere Verantwortung – für die Vergangenheit, für die Gegenwart und für die Zukunft.
Bjørn Gulden, CEO, adidas AG | Oliver Bäte, CEO, Allianz SE | Martin Babilas, CEO, ALTANA AG | Markus Kamieth, CEO, BASF SE | Bill Anderson, CEO, Bayer AG | Vincent Warnery, CEO, Beiersdorf AG | Oliver Zipse, CEO, BMW Group | Christian Kohlpaintner, CEO, Brenntag SE | Bettina Orlopp, CEO, Commerzbank AG | Nikolai Setzer, CEO, Continental AG | Karin Rådström, CEO, Daimler Truck AG | Richard Lutz, CEO, Deutsche Bahn AG | Christian Sewing, CEO, Deutsche Bank AG | Stephan Leithner, CEO, Deutsche Börse AG | Tim Höttges, CEO, Deutsche Telekom AG | Tobias Meyer, CEO, DHL Group | Carl Oetker, persönlich haftender Gesellschafter der Dr. August Oetker KG | Leo Birnbaum, CEO, E.ON SE | Christian Kullmann, CEO, Evonik Industries AG | Stefan Klebert, CEO, GEA Group AG | Clemens Jungsthöfel, CEO, Hannover Rück SE | Dominik von Achten, CEO, Heidelberg Materials AG | Carsten Knobel, CEO, Henkel AG & Co. KGaA | Daniel Grieder, CEO, HUGO BOSS AG | Klaus Rinnerberger, CEO, LEONI AG | Carsten Spohr, CEO, Lufthansa Group | Alexander Vlaskamp, CEO, MAN Truck & Bus SE | Ola Källenius, CEO, Mercedes-Benz AG | Belén Garijo, CEO, Merck KGaA | Lars Wagner, CEO, MTU Aero Engines AG | Joachim Wenning, CEO, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft | Lionel Souque, CEO, REWE Group | Armin Papperger, CEO, Rheinmetall AG | Stefan Hartung, Vorsitzender der Geschäftsführung, Robert Bosch GmbH | Norbert Rollinger, CEO, R+V Versicherung AG | Markus Krebber, CEO, RWE AG | Klaus Rosenfeld, CEO, Schaeffler AG | Torsten Derr, CEO, Schott AG | Roland Busch, CEO, Siemens AG | Christian Bruch, CEO, Siemens Energy AG | Bernd Montag, CEO, Siemens Healthineers AG | Jochen Burg, CEO, SMS group GmbH | Miguel Ángel López Borrego, CEO, thyssenkrupp AG | Nicola Leibinger-Kammüller, CEO, TRUMPF SE + Co. KG | Michael Lewis, CEO, Uniper SE | Oliver Blume, CEO Volkswagen AG und Porsche AG | Rolf Buch, CEO, Vonovia AG | Christian Hartel, CEO, Wacker Chemie AG
Quelle: FAZ, 7.5.2025
Zu dieser Erklärung der Unternehmer nimmt die Coordination gegen BAYER-Gefahren Stellung:
CBG zur Erklärung deutscher Unternehmen zum 8. Mai
Presse-Information vom 09.05.25
BAYER & Co. müssen sich an den Taten messen lassen!
Auf Initiative des BAYER-Konzerns haben 49 Firmen zum 80. Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Faschismus eine Erklärung veröffentlicht, in der sie sich zu ihrer Mitschuld an der Terror-Herrschaft bekennen. „Deutsche Unternehmen trugen dazu bei, die Herrschaft der Nationalsozialisten zu festigen. Auf ihren eigenen Vorteil bedacht, waren viele Unternehmen und ihre damaligen Akteure verstrickt“, konstatieren die Firmen. Sie ziehen daraus die Lehre, „die Zerbrechlichkeit der Demokratie immer wieder zu erkennen“ und Errungenschaften wie Rechtsstaatlichkeit und Freiheit zu schützen.
„Die Coordination gegen BAYER-Gefahren begrüßt diese Stellungnahme. Allerdings betreibt gerade BAYER die Aufarbeitung nur halbherzig. Zudem zieht der Leverkusener Multi daraus keine Lehren für die Gegenwart“, erklärt Brigitte Hincha-Weisel vom Vorstand der Coordination.
So widmet der Agro-Riese der Zeit des Nationalsozialismus auf seiner Website in den Ausführungen zur Unternehmensgeschichte keinen eigenen Abschnitt. Stattdessen behandelt er sie als einen Abschnitt der Periode, die mit dem Jahr 1925 beginnt und 1945 endet. Zudem spielt der Konzern die aktive Rolle herunter, die die von ihm mitgegründete I. G. FARBEN in der Diktatur gespielt hat. Das Regime habe die I.G. „als einen der ‚kriegs- und lebenswichtigen‘ Betriebe der deutschen Wirtschaft“ eingestuft, steht da zu lesen. Dabei war es die Interessensgemeinschaft, die die Blaupause für den Vierjahresplan erarbeitete, mit dem Hitler & Co. die Wirtschaft wehrtüchtig machten. Auch weist die Darstellung viele Lücken auf: kein Wort zu den Wahlkampf-Spenden an die NSDAP, kein Wort zur Einbindung von I.G.-Managern in das NS-System, kein Wort zu Zyklon B und kein Wort zu den medizinischen Experimenten mit KZ-Häftlingen.
Mit der 1988 publizierten Firmen-Chronik „Meilensteine“ verhält es sich ähnlich. „Die Mobilisierung der Wirtschaft folgte den Plänen der Regierung“, heißt es dort etwa und „Die Behandlung der Zwangsarbeiter wurde durch staatliche Vorschriften bis ins Detail geregelt“. Auch mit deren Beschäftigung bei der Errichtung einer Produktionsanlage in unmittelbarer Nähe von Auschwitz hatte die I.G. FARBEN angeblich nicht viel zu tun: „Nachdem das Oberkommando der Wehrmacht den Plan für das I.G.-Werk genehmigt hatte, erteilte Göring Himmler den Auftrag, den Bau mit Häftlingen zu unterstützen.“ Und mit der Verurteilung von Fritz ter Meer zu sieben Jahren Haft bei den Nürnberger Nachfolge-Prozessen hadern die „Meilensteine“ ebenfalls: „In der Industrie war man bestürzt über dieses Urteil. Man wusste, dass ter Meer kein Nazi gewesen war.“ Alles nur „die Folge einer Zwangslage, in der die meisten nicht anders gehandelt hätten“.
Überdies tut sich BAYER schwer damit, „die Zerbrechlichkeit der Demokratie immer wieder zu erkennen“ und entsprechend zu handeln, wie Hans van Scharen vom „Corporate Europe Observatory“ dem Konzern vor zwei Wochen auf der Hauptversammlung in Bezug auf Trump vorwarf. Der Global Player unterstützte ihn nämlich im Wahlkampf massiv durch Spenden und sein Vorstandsvorsitzender nahm sogar als einziger Chef eines DAX-Unternehmens persönlich an der Amtseinführung teil. Dass der Politiker den Klimawandel leugnet, abfällig über Minderheiten spricht, Gerichtsurteile missachtet und an Kongress und Senat vorbeiregiert, stört den Agro-Riesen dabei nicht groß. Die Aktien-Gesellschaft ist nämlich wiederum „auf ihren eigenen Vorteil bedacht“. Sie erhofft sich nämlich unter den Republikanern bessere Chancen für ein Ende der juristischen Probleme mit Glyphosat als unter den Demokraten.
Von Scharens Großvater Karel musste in Auschwitz auf der I.G.-Baustelle Zwangsarbeit leisten, ohne dafür je eine Entschädigung erhalten zu haben. „Aus tragischen historischen Ereignissen wie diesem sollten wir lernen und ähnliche private und kollektive Fehleinschätzungen und Fehler vermeiden“, resümierte Hans van Scharen. Aber gerade das vermisste er beim Leverkusener Multi. „Doch leider sehen wir heute, wie BAYER als großes europäisches Unternehmen den Ring einer neuen und schockierenden Diktatur küsst, die direkt vor unseren Augen im Entstehen begriffen ist: die Diktatur von Donald Trump in Washington. Sie mögen diese Vergleiche unpassend finden, aber ich bin nicht der Einzige. Der einstige stellvertretende Präsident der USA, Al Gore, hat gerade gestern dasselbe getan“, so der Belgier.
Quelle: https://www.cbgnetwork.org/presse-information-vom-09-05-25/